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Neujahrsemfpang der Stadt Schweinfurt

Rede zum Neujahrsempfang der Stadt Schweinfurt am 14. Januar 2024 von Oberbürgermeister Sebastian Remelé
 

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich heiße Sie alle herzlich willkommen zum Neujahrsempfang der Stadt Schweinfurt, also zum Jahresbeginn und nach dreijähriger Pause auch wieder in der Diele des alten Rathauses. Corona ließ diese traditionelle und feierliche Form des Zusammenkommens nicht zu. Die Rückkehr ins Rathaus sollte daher heute ein Zeichen der wieder gewonnenen Normalisierung setzen, gleichsam ein hoffnungsvolles Signal eines Neubeginns und damit einen Anknüpfungspunkt an die Zeiten ante coronam.

Doch wir wissen längst, dass sich die Welt nicht nur weiterdreht, der Wandel die einzig zuverlässige Konstante ist und Krisen sich nicht mehr ablösen, sondern vielmehr sich zu überlagern scheinen.

Kaum lernten wir mit dem Coronavirus zu leben, brach im Februar 2022 der Ukraine-Krieg aus, an den wir uns – grausam genug – fast schon „gewöhnten“.

Seit Oktober 2023 haben wir es mit einer neuen Qualität des Nahost-Konfliktes zu tun. So wurden wir nicht nur Zeugen eines an Grausamkeit kaum zu überbietenden Mordens von über 1.200 Juden, eines unbarmherzigen Vergeltungsangriffes des Staates Israel, sondern wir mussten auch zusehen, wie der Antisemitismus in Deutschland erneut seine hässliche Fratze zeigt. Treibende Kraft waren dabei neben den üblichen Verdächtigen rechtsextremer Gesinnung, islamistische, zumeist zugewanderte Fanatiker vereint mit einer antizionistisch geprägten Linksextremen.

Kopfzerbrechen kann auch jedem Wohlmeinenden die nach wie vor ungelöste Flucht- und Zuwanderungsbewegung nach Europa und in erster Linie nach Deutschland machen. So haben auch im Jahre 2023 über eine Million Flüchtlinge in der europäischen Union Aufnahme gefunden. Fast ein Drittel, nämlich über 320.000 gelangten bis November 2023 nach Deutschland, die überwiegende Mehrheit auf dem Landwege und damit durch sichere Dritt- und EU-Nachbarländer. Die Apelle der Kommunen, vertreten im Bayerischen wie im Deutschen Städtetag, diesen Zustrom einzudämmen, blieben bisher mehr oder minder erfolglos. Dabei ist jedem Realisten längst klar, dass Integration so vieler Menschen aus so unterschiedlichen Kulturkreisen und Wertevorstellungen nicht mehr möglich ist. Wenn mir Schulleiter aus Schweinfurt berichten, dass in ihren Klassen der sogenannte Migrationshintergrund mittlerweile nahezu 100 % beträgt, viele Kinder zum Schulbeginn kein einziges Wort Deutsch sprechen, erschöpft sich auch die ausgeprägteste Willkommenskultur und weicht Ohnmacht und Fatalismus.

Auch der Blick auf die wirtschaftliche Lage unter besonderer Berücksichtigung der Energieversorgung und des Fachkräftemangels stimmen zu Beginn des Jahres wenig heiter. So erreichen uns auch aus der heimischen Großindustrie und dem Mittelstand heftige Klagen über die Strompreisentwicklung in Deutschland, die mehr und mehr zu einem gravierenden Wettbewerbsnachteil geworden ist. Der viel beschworene Fachkräftemangel ist längst zu einem Mangel an Arbeitskräften umgeschlagen. Viele freie Arbeitsplätze können mangels Bewerbern nicht mehr besetzt werden. Finden sich noch Bewerber, so lässt deren Qualität mehr und mehr zu wünschen übrig, was diese jedoch nicht abhält, schon im ersten Bewerbungsgespräch dem Arbeitgeber das hohe Lied der Work-Life-Balance vorzutragen. Welchen Beitrag die teilweise schon geforderte 32 – oder gar 28-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich zur Beseitigung des Arbeitskräftemangels leisten soll, erschließt sich wohl nur demjenigen, der jeden Bezug zur Realität verloren hat.

Sie sehen also, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es ausreichend Grund zu finsteren Zukunftsprognosen gibt, wenn wir uns dieser Situationsbeschreibung und Stimmung hingäben. Aber dies wäre weder Sinn und Zweck eines Neujahrsempfanges, es entspricht auch nicht unserer menschlichen Bestimmung. Vielmehr muss es unsere Aufgabe sein, sich diesen Niedergangstendenzen mit all unserer Kraft entgegen zu stellen und uns darauf zu besinnen, was unser Land groß und wohlhabend gemacht hat. Fleiß, Disziplin, Freude an der Arbeit, Erfindungsreichtum und Bescheidenheit. Wohltuend knapp formuliert dies die Meinungsforscherin Renate Köcher in ihrem Interview mit der Mainpost vom 03. Januar 2024 auf die Frage, was uns bei allen Schwierigkeiten Hoffnung machen könnte wie folgt: „Also, zum einen muss ich sagen, bei allen Problemen, die wir haben, müsste man eigentlich jeden Tag eine Kerze anzünden, dass man in Europa lebt. Der Kontinent, der aus meiner Sicht der intakteste und am lebenswertesten ist, bei allen Problemen. Aber es braucht mehr Courage und Konsequenz, speziell auch in Deutschland um das Land aus dem Stimmungstief zu holen.“

Wer es weniger prosaisch liebt und für den die Kunst Kraftquelle sein kann mag aus der Freude Kraft schöpfen. Einer Freude, wie sie im ersten Satz der Neunten Symphonie von Ludwig van Beethoven ihre musikalische Umsetzung gefunden hat. Jenes Werk, „dass am 07. Mai 2024 200 Jahre alt werden wird, erzählt auch davon, dass die finale Freude eine existentielle Anstrengung bedeutet. Pessimismus ist dagegen Zustimmung zum Vorfindlichen und immer billig zu haben.“, wie Jahn Brachmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 30. Dezember 2023 ausführt. Uns gesättigte Wohlstandsbürger mag dabei überraschen, dass die Kunst Europas am heitersten und von allen Rechtfertigungsnöten frei war in Zeiten geringerer Lebenserwartung und hoher Säuglingssterblichkeit, in Jahrhunderten nicht enden wollender Kriege, ohne Penicillin und Narkotika, so Brachmann weiter.

Wer schließlich mit der Kunst nicht viel anfangen kann, mag bei der Gestaltung der Zukunft von Gesellschaft und persönlichem Lebensweg schließlich sich des Humors bedienen. So jedenfalls halten es die Bewohner des kleinen Libanon, dessen öffentliche Verwaltung nahezu gänzlich zusammengebrochen ist und in dem sich Klientelismus und Korruption breitgemacht haben. Sie begegnen den Mühsalen des Alltags mit Kreativität und Humor. Denn Humor hilft immer, auch Galgenhumor. In hoffnungsloser Lage ist er dem Fatalismus vor allem deshalb vorzuziehen, weil er den Raum der Handlungsmöglichkeiten nicht weiter verengt, sondern erweitert, wie wiederum der FAZ vom 30. Dezember 2023 zu entnehmen ist.

Diesen Raum der Handlungsmöglichkeiten wollen wir auch für unsere Stadt Schweinfurt im Jahre 2024 nutzen. Dabei wird ein Hauptaugenmerk auf dem kostbarsten liegen, was eine Gesellschaft hervorbringt, ihrem Nachwuchs und dessen Entwicklungs- und Bildungsmöglichkeiten.

In diesem Zusammenhang blicken wir noch in diesem Jahr freudig der Eröffnung von zwei Kindertagesstätten entgegen. Eine, in der Trägerschaft der Evangelischen Gesamtkirchenverwaltung, entsteht in der Gartenstraße, die Andere als Ersatzneubau für den Kindergarten Maria Hilf in der Gartenstadt.

Auch der Neubau in der Bellevue mit einem Bildungskomplex aus Kindertagesstätte, Grundschule und wettkampffähiger Turnhalle schreitet plangemäß voran. Mit seiner Eröffnung kann zum Schuljahresbeginn 2025 / 2026 gerechnet werden. Bis dahin planen wir hier allein Baukosten in Höhe von 35 Mio. Euro.

Im Bereich der Investitionen für die schulische Bildung sei auf den Ausbau der Ganztagsbetreuung für die Auen- und Schillerschule von rund 7 Mio. Euro, sowie die Generalsanierung des Hortgebäudes in der Albert-Schweitzer-Schule in Höhe von 4,3 Mio. Euro und die Investitionskostenzuschüsse für den Bau von Kindertagesstätten in Höhe von 5,8 Mio. Euro hingewiesen.

Neben der Bildung spielt für unsere Stadt die Kultur eine herausragende Rolle. Sie ist neben der Industrie eine prägende Kraft unseres Gemeinwesens geworden. Umso erfreulicher ist es festzustellen, dass die finanziell größte Investitionsmaßnahme der Stadt, nämlich die Sanierung des Theaters als freiwillige Leistung baulich wie auch in ihrer Kostenentwicklung plangemäß voranschreitet. Bei Fertigstellung werden sich die Ausgaben auf über 50 Mio. Euro summiert haben.

Auch das Kulturforum am Martin-Luther-Platz bleibt ein Herzensanliegen der Kulturverwaltung und des Stadtrates. So sind für die Interimszeit bis zur endgültigen Umsetzung des Vorhabens 2 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, um die bauliche Sicherung der historischen Gebäude vorzunehmen und das derzeit traurige Erscheinungsbild des Areals ansehnlich zu gestalten.

Auch das im Jahre 2014 ausgegebene Motto für die Konversion www.wohnen.wissen.wirtschaft verfolgt die Verwaltung zielstrebig weiter.

So werden allein für die Grünanlagengestaltung in Bellevue in 2024 2,5 Mio. Euro eingesetzt werden. Gleichzeitig baut unsere Wohnungsbaugesellschaft SWG nach der Errichtung von zwei Wohnkomplexen plangemäß an den nächsten beiden und ermöglicht so Wohnen nach neuestem Standard für alle Gehaltsklassen unserer Gesellschaft.

In der Konversionsliegenschaft Kesslerfield / Yorktown nehmen die weiteren Planungen Gestalt an. Im Haushalt aktuell sind Kosten für die Gutachten zum Thema Energieversorgung und Mobilität für das Modellprojekt experimentelles Wohnen eingestellt und beauftragt. Spatenstich ist ab dem Jahre 2026 geplant.

Auf dem Gelände der Ledward Kaserne sind Investitionen in den Bürgerpark für 2024 in Höhe von 400.000 Euro vorgesehen, weitere 7 Mio. Euro befinden sich in der Finanzplanung. Für die Halle 237 als zentralem Gebäude im Park ist ein Nutzungskonzept in Erarbeitung und Abstimmung mit Mitgliedern des Stadtrates und dem Fördergeber Freistaat Bayern.

Schon in Kürze wird das Amt für Wirtschaftsförderung gemeinsam mit dem Finanzreferat dem Stadtrat ein Konzept für die Errichtung eines Gründer- und Entwicklungszentrums im Stabsgebäude der ehemaligen Wehrmachtskaserne vorstellen. Folgt der Stadtrat der Empfehlung der Verwaltung, könnten hier bereits im Herbst Planungsmittel für die notwendigen Sanierungen und Umbauten eingestellt werden.

Wenn in wenigen Monaten der Erwerb der Schießanlage im Stadtwald durch die Stadt mit der BImA ausverhandelt und vom Stadtrat beschlossen wird, sind oder waren sämtliche Konversions-flächen im Eigentum der Kommune. Da wo die Stadt Schweinfurt das Eigentum bereits weiter veräußert hat, entstanden und entstehen Wohnraum sowie Erweiterungsflächen für unsere Technische Hochschule, das Bayerische Rote Kreuz und die Stadtwerke.

Gerade den Stadtwerken fällt bei der Transformation unserer Gesellschaft in Schweinfurt eine Schlüsselrolle zu. Diese füllt sie tatkräftig aus. So ist es bereits gelungen mit zwei Umlandgemeinden Gesellschaften zur Errichtung von Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien zu gründen, um damit den Industriestandort Schweinfurt zu versorgen. Darüber hinaus bauen die Stadtwerke konsequent sowohl das Glasfaser- als auch das Fernwärmenetz aus und ihre Busflotte auf elektrobetriebene Fahrzeuge um.

Herausfordernd bleibt für das Jahr 2024 der Umbau unserer Krankenhauslandschaft. Hier steht unsere Tochter, die Leopoldina Krankenhaus GmbH, vor enormen Herausforderungen! Zunächst einmal gilt es, die Verhandlungen über eine Übernahme des St. Josefs Krankenhauses mit der Kongregation der Schwestern des Erlösers zu einem, für alle, tragbaren Abschluss zu führen. Neben der Standortsicherung, dem Erhalt von Arbeitsplätzen und dem medizinischen Angebot ist dabei das Leistungsvermögen unseres städtischen Krankenhauses zu berücksichtigen. Die erforderlichen Investitionsmittel für die neue Schwerpunktsetzung von stationärer und ambulanter medizinischer Versorgung, der Erweiterung am Hauptbau entlang der Hennebergstraße, sowie der dafür nötigen Infrastruktur werden weder unsere Tochtergesellschaft noch die Stadt Schweinfurt mit eigenen Mitteln alleine stemmen können. Hier sind wir zwingend auf bundes- und freistaatliche Mittel angewiesen, was hier auch als Appell an die anwesenden Vertreter aus dem Bayerischen Landtag und dem Deutschen Bundestag verstanden werden soll.

Überhaupt werden wir die großen Herausforderungen unserer Zeit nur gemeinsam bestehen. Das setzt vor allen Dingen Gemeinsinn voraus! Dieser Gemeinsinn muss von uns Bürgern gelebt werden. Und unter einem Bürger ist eben nicht der Bewohner einer Stadt, sondern der Staatsbürger zu verstehen, der in der Tradition und im Geiste der Aufklärung tief und eigenverantwortlich am Gemeinwesen teilnimmt und dieses mitgestaltet, verkörpert im „Citoyen“ der französischen Revolution. Der Citoyen ist folglich nicht nur der Inhaber von Rechten und Empfänger von Leistungen, sondern konstitutiv für den Fortbestand und die Gestaltung unserer demokratisch verfassten Bürgerschaft.

Sie, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen aus der Politik, Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren aus Großindustrie, Mittelstand und Handwerk, Sie, meine sehr verehrten Vertreter von Behörden, Schulen und Bildungseinrichtungen, Sie, meine sehr verehrten Mitbürger aus unseren zahlreichen Vereinen, lade ich ein, gemeinsam das Jahr 2024 mit dem erforderlichem Optimismus, dem Tatendurst und der Freude, einer üppigen Portion Humor und der nötigen Gelassenheit mit dem Segen Gottes zu gestalten, zum Wohle der Stadt Schweinfurt, der Region und aller ihrer Bewohner.

In diesem Sinne wünsche ich uns ein erfolgreiches, friedvolles und erfülltes Jahr 2024! Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


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Bilder: Kristina Dietz, Stadt Schweinfurt 

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