„Der erste für das Kulturleben der Stadt bedeutsame Schritt wurde im Herbst 1946 mit der Gründung der Volkshochschule getan.“ So heißt es in einer Festschrift zum Gedenkjahr 1954 der Stadt Schweinfurt mit viel Stolz und Pathos. Doch die Aussage könnte zutreffender nicht sein, wenn man sich die Verhältnisse dieser Zeit vor Augen führt: Am Tag der Gründung, am 16. Juli 1946, war der verheerende Zweite Weltkrieg unter Führung des Nazi-Regimes gerade 14 Monate vorüber, und die vordringlichsten Aufgaben der Menschen bestanden darin, die zerstörte Stadt wieder aufzubauen und täglich aus Neue zu überleben. An Kultur war kaum zu denken. Unterstützt wurde die Gründung durch die Alliierten Streitkräfte: Sie wollten vor allem die Demokratisierung vorantreiben. Im ersten Semesterheft 1946/47 heißt es hierzu in einem Geleitwort des vhs-Leiters Dr. Johannes Teichmann: „Die Demokratie ist nichts für Analphabeten. Sie ist das Gegenteil des Faschismus, der nur auf der Basis blinden Gehorsams wuchern konnte – die Demokratie hingegen ist die Gemeinschaft der Sehenden.“
Und so ist mit der damals durch den Kulturverein ins Leben gerufenen vhs ein entscheidender Schritt hin zu mehr Bildung und kulturellem Leben in einer tristen Zeit gelungen. Das gilt seit nunmehr 65 Jahren bis zum heutigen Tage. Wenngleich sich die Dimension verändert hat: Für das erste Semester hatte die vhs 31 Dozenten verpflichtet, die 52 Kurse durchführten. Die Themen waren dennoch vielfältig: Sie reichten vom Unterricht zu Wesen, Form und Kultur der katholischen und evangelischen Kirche über „Deutsche Sprachdummheiten“, „Umgang mit Menschen“ und Arbeitsrecht bis zu Versehrtenproblemen, Literatur- und Musikangeboten sowie Sprachkursen. Die Teilnahmegebühr für eine Doppelstunde betrug 1,00 RM (Reichsmark), oft aber wurde diese mit Kerzen und Kohlen beglichen. 1948, im Jahr der Währungsreform, verzichteten die KursleiterInnen sogar auf ihr Honorar, damit die vhs weiter existieren konnte.
Heute ist dies kaum vorstellbar. Das Angebot der seit 1962 städtischen Einrichtung indes ist riesig: Über 1000 Kurse und Veranstaltungen pro Semester lassen keinerlei Wünsche offen. 440 Dozentinnen und Dozenten unter Leitung von Diplom-Pädagogin Jutta Cize stehen für den Unterricht zur Verfügung. 39.000 Kursteilnehmer jährlich machen die vhs Schweinfurt zu einer der größten ihrer Art in Unterfranken. Die vhs ist mit ihrem Angebot dabei nicht nur in der Stadt präsent, sondern zusätzlich in 16 Außenstellen in insgesamt 50 Gemeindeteilen im Landkreis Schweinfurt – und ist damit eine Bildungseinrichtung für die ganze Region! Nach Jahrzehnten an ständig wechselnden Örtlichkeiten in Schweinfurt (u.a. Kiosk am Marktplatz, Rückertschule, Friedrich-Rückert-Bau und Altes Krankenhaus) hat die vhs 2009 im Neubau der Stadt- und Wohnbau GmbH in der Schultesstraße 19b eine neue Heimat für die Unterrichtsräume gefunden. Die Verwaltung ist aber weiter im Rathaus untergebracht (2. Stock, Zimmer 101 – 106).
Das Ereignis „65 Jahre Volkshochschule in Schweinfurt“ wird mit einer Geburtstagsfeier am Freitag, 16. September, in den Unterrichtsräumen in der Schultesstraße gefeiert, zu der alle Bürger, vhs-Teilnehmer und Interessenten herzlich eingeladen sind. Die vhs stellt sich an diesem Tag gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern und Kursleitungen einer breiten Öffentlichkeit vor und präsentiert darüber hinaus ein buntes Rahmenprogramm von 14.30 bis 18 Uhr. Es gibt Kaffee und Kuchen sowie Musik und Tanz. Die Festgäste können sich über die Geschichte der vhs informieren. Ebenso besteht die Möglichkeit der Beratung rund um das aktuelle Sprachenangebot, es werden außerdem Sprachworkshops veranstaltet. Bei Schnupperangeboten in den Bereichen EDV, Gesundheit und Kreativität können sich die Besucher einen ersten Eindruck vom großen Angebot verschaffen. Oberbürgermeister Sebastian Remelé wird die Feier um 15 Uhr offiziell eröffnen, musikalisch umrahmt wird der kleine Festakt von Teilnehmer/innen der Gitarrenkurse unter der Leitung von Jürgen Thiergärtner.
Bereits am 12. September ist das Programmheft zum neuen Semester 2011/2012 erhältlich. Es liegt wie gewohnt in der vhs, im Bürgerservice im Rathaus sowie an vielen weiteren Stellen in der Stadt aus. Teilnehmer, die in den letzten beiden Jahren an einem Kurs teilgenommen haben, bekommen das Heft direkt nach Hause geschickt. Auch in diesem Semester wird es zahlreiche neue Kursangebote geben. Der Themenschwerpunkt lautet „Abschiedlich und bewusst leben“. Anlass ist das zehnjährige Bestehen der Palliativstation am Krankenhaus St. Josef. Gemeinsam mit diesem Kooperationspartner bietet die vhs in ihrem „Studium Generale“ verschiedenartige Zugänge über Vorträge, Seminare und Kurse zu diesem Thema an.
Auch für Senioren gibt es neuartige Kurse, zum Beispiel Karate, Tanzen, Kinetik, Bewegungstraining/Sturzprophylaxe, spezielle Sprachkurse und „Fotoalben digital erstellen“. Im künstlerischen Bereich leitet ein Schauspielcoach aus Berlin einen Theaterworkshop. „Musik im Kontext“ heißt ein kleines Studium Generale zur Musikwissenschaft und „Spanisch für den Pilgerweg“ ein neuartiges Sprachenangebot. Neu sind auch spezielle Englisch- bzw. Türkischkurse für Gesundheitsberufe. Für Interessenten und Aktive in der ehrenamtlichen Tätigkeit, zum Beispiel in Vereinen, hält die vhs Schweinfurt im Wintersemester 2011/2012 ein besonderes Angebot bereit, das gemeinsam mit der Freiwilligenagentur „Gemeinsinn“ veranstaltet wird. Hierbei dreht sich alles um wichtige Fragen wie Versicherungsschutz, Haftung, Öffentlichkeitsarbeit und die Moderation von Veranstaltungen.
(Text: Stefan Pfister / Fotos: Stefan Pfister + vhs Schweinfurt)
Volkshochschule Schweinfurt
Unterrichtsräume:
Schultesstraße 19b
Verwaltung:
Markt 1
97421 Schweinfurt
Tel. 09721/51-476 (neue Nr. ab 12.9: 51-5444)
E-Mail: vhs@schweinfurt.de
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 8.30-12.00 Uhr
Donnerstag: 15.00-17.00 Uhr
Weitere Informationen
www.vhs-schweinfurt.de