Das Wandern war des Künstlers Pflicht: Als 1822 der Maler und spätere Akademielehrer Traugott Faber (1786-1863) den ersten Großauftrag des Dresdner Hofes erhielt, dem Thronfolger zeitversetzt auf seinen Stationen durch dessen Herrschaftsgebiet im heutigen Sachsen und Thüringen zu folgen und einzelne Bauwerke darzustellen, war das Reisen noch sehr kostspielig. Über Jahrzehnte hinweg wanderte stattdessen Faber fortan „durch die Lande“. Dabei erfasste er die Sehenswürdigkeiten im Vorübergehen oft skizzenhaft und schnell wie eine Art Schnappschuss - lange bevor 1839 die Fotografie erfunden wurde und der Tourismus begann, den Malern auf den Spuren zu folgen. Fabers farbige Aquarelle sind aber weder Dokumentationen noch pittoreske Ansichtskarten. Vielmehr zeigen sie eine Freude an ländlichen Orten fern der großen Welt, die man heute unter romantischen Landlust-Gesichtspunkten wieder zu schätzen weiß: versteckte Rittergüter und Mühlen, Gartenhäuser und mittelalterliche Kirchen sowie Burgen und Schlösser, meist idyllisch eingebettet in die jeweilige hügelige Landschaft. Dank des großen Bestandes seiner Werke im Museum Georg Schäfer sind dabei die ästhetischen Auswahlkriterien Fabers noch heute nachvollziehbar.
Bereichert wird die farbige Auswahl seiner Aquarelle durch Motive aus Franken von Fabers süddeutschen Kollegen Johann Adam Klein (1792-1875) und Karl August Lebschée (1800-1877). Gezeigt werden 35 Meisterwerke aus den Museen der Stadt Nürnberg, der Staatsbibliothek Bamberg, den Kunstsammlungen der Veste Coburg, dem Stadtarchiv Schweinfurt und aus Privatbesitz.
Faber selbst kam von Dresden aus nur bis Coburg. Dort fertigte er im Jahre 1820 eine Reihe für den Coburger Herzog Ernst I. mit dessen Besitzungen an, welche vielleicht die umfangreicheren Dresdner Aufträge erst auslöste. Noch sind seine Aquarelle großformatig. Neben einer klassischen Stadtansicht Coburgs werden auch einige Schlossbauten aus dem Coburger Raum präsentiert. So ist nicht nur das bekannte neugotische Schlösschen Rosenau zu sehen, sondern auch die Schlösser Callenberg und Ketschendorf.
Johann Adam Klein konzentrierte sich dagegen in seinem Frühwerk vornehmlich auf die Gegend um Nürnberg und hielt diese mit mehr romantischen Anklängen fest. Zudem war er ein ausgezeichneter Tiermaler. Dabei rückt er nicht nur die mittelalterliche Kaiserburg in den Fokus, auch Renaissancebauten wie das Hallerschloss und der Schoppershof sind lohnende Motive.
Karl August Lebschée dagegen schuf bei seinen Wanderungen durch Franken nicht nur von Schweinfurt, sondern z.B. auch von Würzburg oder Ochsenfurt detaillierte Stadtansichten. Sein Augenmerk galt der Architektur, die er in tageszeitliche Lichtstimmungen tauchte. Darüber hinaus hielt Lebschée für den Grafen Carl von Giech dessen zahlreiche ländliche Besitzungen, wie etwa die Schlösser Thurnau und Wiesentfels, in Form von Zeichnungen und Lithographien fest. Die als Buchillustration angelegten Drucke der weitaus bekannteren „Wanderungen durch Franken“ von Ludwig Richter hatten in den Meisterwerken von Lebschée und Klein längst Konkurrenz auf höchstem Niveau bekommen.
Um die Betrachtung der ausgestellten Veduten nicht im Historischen enden zu lassen, machten sich 2019 gleich mehrere Fotografen auf den Weg, um für die Ausstellungsbesuchenden den Abgleich zur heutigen Situation zu ermöglichen. Trotz manchmal langer Suche nach einstigen Fußwegen und dem historischen Standort der Künstler konnten nahezu alle Ansichten lokalisiert werden. Dabei wird zwar mancher Verlust an Bausubstanz bis hin zur Ruine deutlich, doch selbst von solchen „lost places“ geht dabei ein eigener Zauber aus. Trotz späterer Veränderungen oder Verfall bieten sie noch heute beliebte Fotomotive. Zumeist wurden aber von den Eigentümern liebevoll renovierte Bauwerke angetroffen, die in Übereinstimmung mit den ästhetischen Ansätzen der Künstler zum Obertitel unserer Ausstellung führten: Esthetic places. Aber auch die Spuren von Krieg und Zerstörung sind im Vergleich einiger Werke auszumachen. Gerade am Beispiel der Stadtansicht von Schweinfurt wird dies anschaulich vor Augen geführt.
Da die beiden Ausstellungen bereits ab 2020 gezeigt werden sollten und der Thüringer Teil trotz Corona-bedingten Schließungen der Museen auch in Neustadt an der Orla erfolgreich durchgeführt werden konnte, sind bereits zwei begleitende und reich bebilderte Kataloge erschienen.
Die Weihnachtsausstellung des Jahres 2023 bietet im Museum Georg Schäfer mit über 90 Exponaten ein Paket an Arbeiten dreier Künstler, dreier Fotografen und gleich dreier Regionen an. Ergänzt wird unsere Ausstellung durch ein Angebot an die ganze Familie im eigens dafür ausgestatteten Kindermuseum, dort mit reichem Begleitprogramm.
"Esthetic Places - Idyllen in Franken, Thüringen und Sachsen von Traugott Faber, Johann Adam Klein und Karl August Lebschée"
Eintrittspreise: 9,00 €, ermäßigt 7,00 €
Öffnungszeiten: Di. 10:00 - 20:00 Uhr, Mi. - So. 10:00 - 17:00 Uhr
An jedem ersten Dienstag im Monat sowie am 19.11.2023 gilt freier Eintritt für das gesamte Haus.
Museum Georg Schäfer
Brückenstraße 20
97421 Schweinfurt
Tel.: (0 97 21) 51 4825
E-Mail: mgs@schweinfurt.de
Internet: www.museumgeorgschaefer.de
Begleitprogramm zur Ausstellung (Auswahl)
NOVEMBER:
ab So. 12.11. KINDERMUSEUM zur Sonderausstellung
10 – 17 Uhr Favorite Places - Lieblingsplätze
Mal- und Bastelzelt, Aktivplätze, Ausstellungswand und vieles mehr
Eintritt frei!
So. 12.11.
14 Uhr Esthetic Places in Franken, Thüringen und Sachsen
Öffentliche Kuratorenführung durch die Sonderausstellung
Mit Prof. Dr. Wolf Eiermann
So. 19.11. TAG DER OFFENEN TÜR – freier Eintritt für das gesamte Haus
11 Uhr Reiserouten – Tour 1: Esthetic Places in FRANKEN
Öffentliche Themenführung durch die Sonderausstellung
Gabriele Hendges M. A.
DEZEMBER:
Sa. 02.12. EXKURSION für Kinder und Jugendliche
13 – 16 Uhr Mein Lieblingsplatz
Mit Foto-Handy, Tablet oder Zeichenblock fangen wir Schweinfurts
schönste Ecken ein und gestalten unseren persönlichen
Lieblingsplatz für die Ausstellungswand im KINDERMUSEUM.
Mit Anne Heß
Sa. 16.12.
14 Uhr Historische Gebäude einst und jetzt
Öffentliche Themenführung durch die Sonderausstellung
Mit Gabriele Hendges M. A.
JANUAR:
Sa. 13.01.
13 – 16 Uhr Urban Sketching – Zeichnen für jeden
Inspiriert von den Arbeiten in der Sonderausstellung fangen wir
die schönsten (Natur-) Ansichten Schweinfurts mit dem
Skizzenblock ein. Für Anfänger und Fortgeschrittene ab 14 Jahren.
Materialen können nach Wunsch mitgebracht werden.
Bei schlechtem Wetter findet die Veranstaltung im Museum statt.
Mit Rebecca Mönch M. A.
So. 21.01.
11 Uhr MATINÉE
Mit liebevollem Blick
Themenführung durch die Sonderausstellung
Mit Sandra Sembach
FEBRUAR:
Di. 06.02.
14 Uhr / 18:30 Uhr Esthetic Places in Franken, Thüringen und Sachsen
Öffentliche Kuratorenführung durch die Sonderausstellung
Mit Prof. Dr. Wolf Eiermann
So. 25.02.
14 Uhr Traugott Fabers Reisen durch Thüringen und Sachsen
Abschiedsführung durch die Sonderausstellung
Mit Gabriele Hendges M. A.
Bildbeschreibungen und Copyrights (von oben nach unten)
1. Traugott Faber, Blick auf Kospoda, 1838, Aquarell, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
© Museum Georg Schäfer, Schweinfurt - Ausschnitt
2. Johann Adam Klein, Die Rosenau von Norden, 1839, Aquarell, Museen der Stadt Nürnberg, Kunstsammlungen/Grafische Sammlung © Museen der Stadt Nürnberg
3. Schloss Weesenstein heute, 2019, Fotografie, © Museum Georg Schäfer, Schweinfurt, Foto: David Grube
4. Schweinfurt heute, 2020, Fotografie, © Museum Georg Schäfer, Schweinfurt, Foto: David Grube
5. Karl August Lebschée, Ansicht von Schweinfurt, 1845, lavierte Bleistiftzeichnung, Staatsbibliothek Bamberg, © Staatsbibliothek Bamberg, Foto: Gerald Raab
Text: Museum Georg Schäfer