- Es gilt das gesprochene Wort! -
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
auch im Namen meiner beiden Stellvertreterinnen, Sorya Lippert und Ayfer Rethschulte, heiße ich Sie zum Neujahrsempfang der Stadt Schweinfurt herzlich willkommen. Über die Tagesordnung eines solchen Neujahrsempfanges muss sich der Besucher vorab wenig Gedanken machen. Der Hauptredner hat einen dankbaren Blick zurück auf das vergangene und einen hoffnungsfrohen Ausblick in das begonnene Jahr zu werfen. Dabei sollte er den Zuhörer weder zeitlich noch inhaltlich allzu sehr fordern, damit im Anschluss Zeit für die wichtigste Aufgabe eines Neujahrsempfanges bleibt, der Kontaktaufnahme und des Austausches unter Einnahme kulinarischer Köstlichkeiten und alkoholischer Getränke.
Und so will auch ich dankbar auf das Jahr 2024 zurückblicken. Denn trotz aller Herausforderungen, Verzögerungen und handfester Probleme ist uns eben auch vieles gelungen:
Mit dem Erwerb der Schießanlage auf dem Haardtberg von der Bundesrepublik Deutschland verfügt bzw. verfügte die Stadt Schweinfurt nunmehr auch über die letzte, von den Amerikanern bis 2014 genutzte Liegenschaft. Auf der erworbenen Fläche soll neben einem waldpädagogischen Zentrum, eine durch die Stadtwerke zu errichtende Solaranlage entstehen.
Auf den drei großen Konversionsflächen verwirklichen wir das, was 2014 unser Leitmotiv war: Wohnen, Wissen, Wirtschaft!
So befinden sich in der Bellevue weitere Bauabschnitte der Grünanlagengestaltung in der Umsetzung. Der dortige Neubau mit dem Bildungskomplex aus Kindertagesstätte, Grundschule und wettkampffähiger Turnhalle schreitet plangemäß voran und wird im Sommer dieses Jahres fertig gestellt sein.
In den Ledward Barracks ist der Weg frei, einen Teil der Fläche in einen Bürgerpark zu konvertieren und aus der Halle 237 einen Ort zu machen, wo wir Jugend und Wissenschaft zusammenführen. Mit den nunmehr zugesagten Fördermitteln des Freistaates Bayern kann aus dem Stabsgebäude der Nukleus eines Gründungs- und Technologiezentrums werden, wo die THWS, das Fraunhoferinstitut und die Gründerszene sich im gegenseitigen Austausch befruchten werden.
In der dritten großen Konversionsliegenschaft Kessler Field nehmen indes die weiteren Planungen Gestalt an. So hat sich die Stadt Schweinfurt erfolgreich beim Modellprojekt „Experimentelles Wohnen“ für den Südabschnitt beworben. Das Experiment besteht darin innovative Wohnformen mit Klimaneutralität und neuer Mobilität auch unter ökonomischen Gesichtspunkten miteinander in Einklang zu bringen.
Mit Dankbarkeit können wir auch auf die letzte Gesellschafter-versammlung des Zweckverbandes Conn Barracks zurückblicken. So ist es trotz angespannter Haushaltslage bei allen beteiligten Mitgliedern gelungen, nunmehr den Beschluss zum Erwerb zu fassen und mir, als dem derzeitigen Zweckverbandsvorsitzenden, das Mandat für den erfolgreichen Abschluss der Kaufverhandlungen mit der BImA zu erteilen. Nach derzeitigem Stand kann mit einem Erwerb im ersten Halbjahr dieses Jahres gerechnet werden. Um die Zufahrtsproblematik einvernehmlich zu lösen, versprach der Ministerpräsident bei seinem letzten Besuch, vor wenigen Wochen in Schweinfurt, eine Förderung von 2,5 Millionen Euro.
Ebenso dankbar dürfen wir für die reibungslose Sanierung der Tiefgarage am Georg-Wichtermann-Platz sein, die im Frühjahr wieder der Öffentlichkeit zu Verfügung gestellt werden kann.
Der neue, zeitgemäße und kundenorientierte Wertstoffhof im Maintal wird im Frühsommer seine Pforten öffnen.
Die Generalsanierung des Theaters schreitet trotz zahlloser Asbestfunde plangemäß voran. Dass die Bauverwaltung dabei im zuvor ermittelten Kostenrahmen bleibt, dürfte ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal sein.
Bei aller berechtigter Kritik dürfen wir ebenfalls stolz und dankbar sein, dass es zum 1. Januar gelungen ist, gemeinsam mit der Planungsregion II den drittgrößten Verkehrsverbund in Bayern mit dem innovativsten Bezahlsystem zu schaffen. Zur Wahrheit gehört allerdings, dass wir damit erreicht haben, was in Skandinavien und den baltischen Staaten längst gelebte Praxis ist.
Mit dem begonnenen Abriss des alten Parkhauses am Leopoldina Krankenhaus schaffen wir die Voraussetzungen für den Neubau und lösen damit ein gegebenes Versprechen zur Behebung der Parksituation am Hochfeld ein. Mit Fertigstellung ist aber vor allen Dingen ein Mehrwert für Mitarbeiter und Besucher geschaffen, der den Gesundheitsstandort Schweinfurt mit seinem Tochterunternehmen, der Leopoldina Krankenhaus GmbH, fördert und stärkt. An dieser Stelle sei nochmals ein Dank an die Geschäftsführung, Ärzte und Pfleger ausgesprochen, in gesundheitspolitisch wie ökonomisch unsicheren Zeiten ihren Dienst zu leisten und darüber hinaus bereit zu stehen, einen möglichen Ausfall des St. Josefkrankenhauses zu kompensieren. Das Leopoldina Krankenhaus ist und bleibt der Stabilitätsanker der Region Schweinfurt.
Sie sehen also, meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt ausreichend Grund zur Dankbarkeit. Gleichwohl wäre es fatal die Augen vor den großen Herausforderungen unserer Zeit zu verschließen. Formulieren wir es unumwunden: Der Zustand unseres Landes ist alarmierend, die Probleme türmen sich, der Weg zur Gesundung wird steinig und lang.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier nur stichpunktartig die drei Fehlentscheidungen gestreift:
1. Die Energiewende funktioniert nicht. Der überstürzte und von „German Angst“ getriebene Ausstieg aus der Atomenergie wurde vollzogen, ohne für deren Ausfall Ersatz geschaffen zu haben. Die hierfür vorgesehenen Gaskraftwerke existieren bislang nur in der Fantasie unseres Wirtschaftsministeriums. Der Ausbau der Windkraft verläuft stockend, der Zubau größerer Solaranlagen stößt derzeit aufgrund mangelnder Leitungen und Speichermöglichkeiten an seine Grenzen. Die deutschen Energiepreise sind konkurrenzlos teuer, die erzielten CO2 Einsparungen überschaubar, das versprochene „Grüne Wirtschaftswunder“ blieb aus.
2. Der Sozialstaat hat sich, wie es der Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Hartmut Berghoff treffend formuliert, zu einem gefräßigen Monster entwickelt, dessen Appetit ständig wächst (FAZ vom 21.12.2024, Seite 11). So verschlingen die Sozialausgaben auf Bundesebene über 50% des Haushaltes. Diese Kosten betragen damit etwa das Zehnfache aller Investitionen der öffentlichen Hand. Der in den letzten Jahren massiv aufgeblähte Sozialstaat ist schon bald allein aus demographischen Gründen nicht mehr finanzierbar. So bremst der zunehmende Fach- und Arbeitskräftemangel nicht nur das Beschäftigungswachstum, sondern behindert auch immer mehr Unternehmen in ihrer Geschäftstätigkeit. So geht die Stiftung Marktwirtschaft (Nr. 177, September 2024) davon aus, dass sich allein für das Jahr 2024 auf Basis der Fachkräftelücke die volkswirtschaftlichen Kosten des Fachkräftemangels auf rund 50 Milliarden Euro beziffern lassen. Diese Schätzung ist besonders alarmierend, bedenkt man, dass im Jahre 2023 noch nie so viele Bundesbürger einer Erwerbstätigkeit nachgingen wie in den Jahrzehnten zuvor. Dabei ist allerdings festzustellen, dass die durchschnittliche Jahresarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten, wie auch in Nebenjobs, sich verringert hat und damit insgesamt die durchschnittliche Jahresarbeitszeit aller beschäftigten Arbeitnehmer zurückging!
3. Ebenso monströs wie der Sozialstaat ist der öffentliche Dienst expandiert. So sind nach einer Studie der Stiftung Marktwirtschaft allein die Zahl der Planstellen der Bundesministerien in den letzten zehn Jahren um 7.000 oder 47% gestiegen. Abgesehen von den damit einhergehenden Personalausgaben produzieren die aus den Nähten platzenden Ministerien immer mehr Gesetze und Verordnungen, die das Leben der Bürger verkomplizieren. Nicht minder produktiv sind in dieser Hinsicht die europäische Kommission und das Europaparlament, sekundiert von unseren Länderparlamenten. Es drängt sich daher die Annahme auf, dass der erste Weg zur Entbürokratisierung ein Moratorium oder zumindest eine Verschnaufpause beim Erlass von Gesetzen und Verordnungen der Legislative in Land, Bund und Europa wäre. Dass das eine Zumutung für jeden Parlamentarier ist, leuchtet ein, ist doch die Gesetzgebung eines seiner vornehmsten Vorrechte. Im Übrigen griffe diese Maßnahme auch zu kurz, liegen doch die Ursachen des Bürokratisierungswahnes tiefer. Denn alle Gesetze und Verordnungen haben eines gemeinsam, sie gewähren entweder Schutz oder Ansprüche. Das Grundproblem liegt daher nach Auffassung der Leiterin des Ifo-Forschungszentrums für soziale Marktwirtschaft, Sarah Necker, in den hohen Erwartungen an den Staat. Für einen wirksamen Abbau von Bürokratie bedürfe es daher eines Mentalitätswechsels hin zu mehr Vertrauen in die Eigenverantwortung und marktwirtschaftlichen Prozesse.
Und hierin mag auch der hoffnungsvolle Ausblick in das begonnene Jahr liegen: Den Weg aus der strukturellen Misere, in der sich unser Land befindet, wird uns die Politik alleine nicht weisen. Hierzu sind wir alle aufgefordert! Wem es an Anschauungsmaterial mangelt, dem sei ein Gespräch mit der Großelterngeneration empfohlen. Diese bzw. deren Eltern fingen oft nach Kriegsende, nach Flucht, Vertreibung oder dem Verlust von Hab und Gut bei null an. Dennoch ist es innerhalb einer Generation gelungen, unser Land zu einer der führenden Wirtschaftsnationen der Welt zu machen. Mitverantwortlich war hierfür eine bewundernswerte Leistungsbereitschaft, ein positives Verhältnis zur Arbeit, Fleiß, Pünktlichkeit, Bescheidenheit in eigenen Ansprüchen, Eigenverantwortlichkeit und Mut zur Veränderung.
Diesen Mut zur Veränderung erwarten wir auch von unseren zukünftigen Mitgliedern des, am 23. Februar zu wählenden, Deutschen Bundestages. Die zukünftige Bundesregierung wird in Anbetracht der Fülle der Aufgaben nicht umhinkommen, Prioritäten zu definieren und durchzusetzen. Sie muss ferner bereit sein, auch harte und unpopuläre Reformen in Angriff zu nehmen und Perspektiven zu entwickeln, die über die nächste Legislaturperiode hinausgehen. Für hohle Parolen, leere Versprechungen und politische Kosmetik ist kein Raum mehr! Halten wir uns besser an zwei Grundsätze, die uns Gottfried Benn mit auf den Weg gibt:
1. Erkenne die Lage.
2. Rechne mit deinen Defekten, gehe von deinen Beständen aus, nicht von deinen Parolen.
In diesem Sinnen wünsche ich Ihnen allen ein fruchtbares, erfolgreiches und an positiven Überraschungen reiches Jahr 2025!
Bilder: Kristina Dietz, Stadt Schweinfurt