"Wenn ein Bild auf den Beschauer seelenvoll wirkt, wenn es sein Gemüt in eine schöne Stimmung versetzt; so hat es die erste Forderung eines Kunstwerks erfüllt." Caspar David Friedrich, 1809
Aber kann man Bilder mehr fühlen als sehen? - Diese Ausstellung wendet sich den Stimmungsauslösern in der Landschaftsmalerei und ihrer Bedeutung für das Werk von Caspar David Friedrich (1774-1840) zu. Ein weiterer Aspekt ist der tiefgreifende Wandel der Naturwahrnehmung in der Neuzeit, wobei die Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts eine Vorreiterrolle übernahm. Deren Ideen und Neuerungen waren im späten 18. Jahrhundert, also während der Ausbildungszeit von Caspar David Friedrich, allen Kunstinteressierten präsent. Friedrich traf sowohl in Kopenhagen (ab 1794), als auch später in Dresden auf Lehrer und Malschulen, die sich an den alten Meistern orientierten. Zu den Vorboten gehörten Künstler wie Claude Gellée, gen. Lorrain (1600-1682), Jacob van Ruisdael (um 1628-1682) und Jan van Goyen (1596-1656). Caspar David Friedrich distanzierte sich zwar von allzu idealisierten Kompositionen, folgte ihnen jedoch in der Stimmungserzeugung.
Die Bedeutung der Tageszeit
1669 verband der Maler Sébastien Bourdon die Naturerscheinungen je nach Tageszeit mit einem Stimmungsgehalt. Der Sonnenaufgang bringe z.B. Freude mit sich; der Nachmittag Zügellosigkeit. Bestimmte Wetterphänomene seien darüber hinaus stimmungsmäßig geeignet für tragische oder traurige Themen. Die Tageszeitendarstellungen bildeten für Caspar David Friedrich den zentralen Inhalt seines Oeuvres bis um das Jahr 1812. Weiterhin studierte er die Phänomene vor der Natur und folgte seinem Gemüt. 1822 notierte der Romanautor de la Motte-Fouqué, Friedrich beschäftigte sich mit dem Vorwurf, er könne „nichts malen als Mondschein, Abendroth, Morgenroth, Meer und Meeresstrand, Schneelandschaften, Kirchhöfe, wüste Haiden, Waldströme, Klippenthäler und Aehnliches.“
Die Ausstellung zeigt neben den berühmten Tageszeitendarstellungen u.a. die Motivgruppen Meer und Boote, Kreuz und Grab, Eiche und Deutscher Wald. Den Motivkanon der alten Meister verlässt Friedrich bei der atmosphärischen Erscheinung des Nebels; dieser kann unterschiedliche und gegenläufige Gefühle zwischen Rettung und Hoffnung, zwischen Morgenfreude und Sorge vor dem Verlorensein hervorrufen. Die natürlichen Auslöser für eine Gemengelage an Gefühlen hat Friedrich 1818 im Wanderer über dem Nebelmeer im großen Format entscheidend verstärkt.
Die Erneuerung der Vergangenheit
Setzte die ältere Landschaftsmalerei antike Ruinen als Zeichen der Vergangenheit ins Bild, erhob die Romantik dagegen mittelalterliche Kirchen und Burgruinen zu Stimmungsträgern. Das Mittelalter wurde dabei nicht als eine längst abgeschlossene Zeitphase, sondern als eine historisch verankerte Utopie für die zu erneuernde Einheit von Staat und Kirche begriffen. Diese Vorstellung führte zum Generationenauftrag der Vollendung zahlreicher Bauwerke. Mit dem Bild Die Kathedrale (um 1818) leistete Caspar David Friedrich dafür zugleich eine Vision, als auch einen architektonischen Idealentwurf.
Vom Wandel der Naturauffassung
In der frühneuzeitlichen Literatur folgte man noch einer strikten Typisierung der Natur. Dazu gehörten die gegenläufigen Kategorien des Hässlichen und des Schönen. Hässlich waren Wasserfälle, Felsen, Klippen und dunkle Schluchten. Als schön galt die bearbeitete und geordnete Natur. Trotzdem lösten sich einige Landschaftsmaler früh von diesen Denkmustern. Auch mit Blick auf die Idee des einfachen Hirtenlebens in Arkadien wurde die gewollt höfische Ordnung, manifestiert etwa als symmetrisch gegliederter Barockgarten, abgelöst. Der allmähliche Wandel hin zu einem positiveren Verständnis der wilden Natur durchzog das gesamte 18. Jahrhundert. Das Hochgebirge, zuvor ein Reich des Grauens und der Einsamkeit, wurde nun unter dem Aspekt des Erhabenen gewürdigt. Erst in der Zeit Caspar David Friedrichs setzte sich die bis heute als »romantisch« geltende Sichtweise durch. Moderne Naturschutzgedanken folgten ihr bald auf dem Fuß.
Diese Ausstellung zeigt in Kooperation mit dem Kunst Museum Winterthur und dank vieler Leihgaben 100 Meisterwerke, davon 41 Werke von Caspar David Friedrich (25 Gemälde, 13 Zeichnungen). Im Hirmer Verlag erscheint ein reich bebilderter Katalog mit vielen neuen Aspekten zu seinem Werk und zu den Traditionslinien der Stimmungsträger in der Malerei.
"Viele haben ihn nachgeahmt, doch noch hat keiner verstanden, jenes stille Naturleben wiederzugeben, das für Friedrichs Kunst so eigentümlich war und seinen scheinbar oft steifen Bildern einen eignen Reiz giebt." Johan Christian Dahl (1788-1857) über Caspar David Friedrich
Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Kunst Museum Winterthur und ist dort vom 26.08. bis zum 19.11.2023 zu sehen.
Kurator für Schweinfurt: Prof. Dr. Wolf Eiermann
"Caspar David Friedrich und die Vorboten der Romantik"
Eintrittspreise: 10,00 €, erm. 8,00 €
Öffnungszeiten: Di. 10:00 - 20:00 Uhr, Mi. - So. 10:00 - 17:00 Uhr
An jedem ersten Dienstag im Monat freier Eintritt für das gesamte Haus.
Museum Georg Schäfer
Brückenstraße 20
97421 Schweinfurt
Tel.: (0 97 21) 51 4825
E-Mail: mgs@schweinfurt.de
Internet: www.museumgeorgschaefer.de
Begleitprogramm zur Ausstellung (Auswahl)
APRIL
So. 02.04.
14:00 Uhr C. D. Friedrich – „der wohl tiefgründigste aller malenden Romantiker“ (Zeit, Sonderveröffentlichung N° 1 2023)
Themenführung durch die Sonderausstellung
Mit Margit Hofmann
Di. 04.04.
14:00 Uhr C. D. Friedrich und die Vorboten der Romantik
Kuratorenführung durch die Sonderausstellung
Mit Prof. Dr. Wolf Eiermann
18:00 Uhr IN PETTO SPEZIAL
C. D. Friedrich und die Sepiazeichnungen
Mit Prof. Dr. Wolf Eiermann
Do. 13.04.
10:30 – 13:00 Uhr OSTERFERIEN – WORKSHOP
Die Natur in Wald und Flur
Inspiriert von den traumhaften Landschaften Caspar David Friedrichs gestalten wir eine Waldcollage mit Rindenstücken, kleinen Ästchen und vielem mehr
Mit Christine Friedrich-Weiß
Sa. 15.04.
17:00 – 22:00 Uhr Special Romantic Night
Mit Live-Musik von Anja Gutgesell & Klaus Feldner und romantischem Diner
Sa. 29.04.
11:00 - 14:00 Uhr Farbstimmungen – Stimmungsfarben
Meditatives Malen für Anfänger und Fortgeschrittene ab 14 Jahren
Mit Anne Heß
MAI
Di. 02.05.
14:00 Uhr / 18:30 Uhr C. D. Friedrich und die Vorboten der Romantik
Kuratorenführungen durch die Sonderausstellung
Mit Prof. Dr. Wolf Eiermann
So. 14.05.
14:00 Uhr KUNST FÜR KINDER
Muttertag - Inspiriert von einem Werk Hans Thomas, gestalten wir eine kleine Freude für einen ganz besonders lieben Menschen
Mit Christine Friedrich-Weiß
So. 21.05.
11:00 Uhr KÜNSTLER - MATINÉE
C. D. Friedrich im zeitgenössischen Dialog
Dialogische Führung zu den aktuellen Werken der Berliner Künstlerin Anna Werkmeister nach Motiven C. D. Friedrichs
Mit der Künstlerin
Im Rahmen der Ausstellung:
Anna Werkmeister I Zeit - Horizonte
Landschaftsräume im Zeitfenster zu sehen und darzustellen und darin neue Horizonte aufzuzeigen ist im Interesse der Künstlerin. Die künstlerische Untersuchung tradierter Landschaftsdarstellungen stellt Fragen nach Wahrnehmung und Darstellbarkeit von Natur. Zwei Werke aus dem Bestand des Museum Georg Schäfer haben für diese Ausstellung die zu neuen Bildfindungen auf und hinter Plexiglas geführt.
JUNI
Do. 01.06.
10:30 – 13:00 Uhr PFINGSTFERIEN - WORKSHOP Mehr Meer
Wir spüren der Sehnsucht nach dem Meer nach und gestalten anschließend ein Meer-Traum-Bild und ein kleines egelschiffchen aus Holz und Papier
Mit Christine Friedrich-Weiß
Di. 06.06.
14:00 Uhr / 18:30 Uhr C. D. Friedrich und die Vorboten der Romantik
Kuratorenführungen durch die Sonderausstellung
Mit Prof. Dr. Wolf Eiermann
Sa. 17.06.
14:00 Uhr Caspar David Friedrich – Der „Mystiker mit dem Pinsel“
Themenführung durch die Sonderausstellung
Mit Gabriele Hendges M. A.
JULI
So. 02.07.
14:00 Uhr Caspar David Friedrich – einer der ganz Großen
Abschiedsführung durch die Sonderausstellung
Mit Margit Hofmann
14:00 Uhr KUNST FÜR KINDER
Rosa Wolken und Nebelmeer – traumhafte Landschaften
Verzaubert von C. D. Friedrichs Gemälden erträumen und gestalten wir unseren Traumort zum Mitnehmen in 3D.
Mit Rebecca Mönch M. A.
Bildbeschreibungen und Copyrights (von oben nach unten)
1. (sowie Miniaturbild) Caspar David Friedrich
Wanderer über dem Nebelmeer, um 1817
Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen
© SHK/Hamburger Kunsthalle/bpk (Foto: Elke Walford)
2. Caspar David Friedrich
Kreidefelsen auf Rügen, 1818
Kunst Museum Winterthur, Stiftung Oskar Reinhart
© SIK-ISEA, Zürich, Philipp Hitz
3. Jan Both
Südliche Landschaft mit See, 1642/1652
Kunst Museum Winterthur, Geschenk der Stiftung Jakob Briner
© SIK-ISEA, Zürich, Jean-Pierre Kuhn
4. Caspar David Friedrich
Fischerboote auf der Ostsee (Abend am Meer), um 1825/1826
Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
© bpk, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt (Foto: Peter Leutsch)
5. Caspar David Friedrich
Das Kreuz auf Rügen, nach 1815
Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
© bpk, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt (Foto: Peter Leutsch)
6. Caspar David Friedrich
Landschaft mit Eichen und Jäger, 1811
Kunst Museum Winterthur, Stiftung Oskar Reinhart
© SIK-ISEA, Zürich, Philipp Hitz
7. Caspar David Friedrich
Ruine Eldena im Riesengebirge, um 1830/1834
Stiftung Pommersches Landesmuseum, Greifswald
© Stiftung Pommersches Landesmuseum, Greifswald
8. Jan Asselijn
Südliche Hafenlandschaft bei Sonnenuntergang, um 1647
Kunst Museum Winterthur, Geschenk der Stiftung Jakob Briner
© SIK-ISEA, Zürich, Lutz Hartmann
Text: Museum Georg Schäfer